Forum FrauenSingen 2014 – Berichte
Zeitungsartikel
Ansteckende Freude am Gesang (Kreis-Anzeiger, 25.6.2014)Bericht
Schönheit der Schöpfung, Lebensfreude und Begegnung
Ein Tag Büdingen, der mittelalterlichen Stadt in der Wetterau – mit vielen Liedern, Workshops zu Singen und Stimmbildung, Tanz. Über 200 Frauen fanden sich zusammen, den Tag miteinander zu singen, zu lernen und zu feiern.
Der Mittsommertag mit viel Sonne und blauem Himmel begann mit Musik – der Frauenchor Büdingen-Aulendiebach unter der Leitung von Astrid Nagel begrüßte alle Frauen mit zwei Liedern. Nach einem Willkommensgruß durch Ina Petermann und Barbara Müller (Pfarrerin und Kantorin der Ev. Kirchengemeinde Büdingen) und einem Gruß der Kirchenleitung (Dr. Susan Durst, Chorstiftung Philipp Reich) ging es weiter mit einem „Impuls für Körper, Geist und Seele“ mit Pfrin. Karin Böhmer und Theologin / Tanztherapeutin Monika Kreutz. Anschließend übernahm Kantorin Bettina Strübel, Frankfurt, die musikalische Leitung des Tages. Mit einem Kanon zu Büdingen konnten sich die Frauen gegenseitig namentlich vorstellen. Die Referentinnen des Tages gestalteten das erste Plenum – anschließend ging es in die vertiefenden Workshops an verschiedenen Orten der Stadt.
Schönheit der Schöpfung in vielen Farben
Landeskirchenmusikdirektorin Christa Kirschbaum zeigte auf, wie schön sich bekannte und unbekannte Lieder mit neuen Sätzen singen lassen. Lieder zu Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung waren von ihr neu gesetzt worden; sie studierte zwei Lieder für alle Teilnehmerinnen und anschließend weitere Lieder im Workshop ein (zwei- bis vierstimmige Frauenchorsätze). Die Schönheit der Schöpfung erklang in vielen Farben. Viele Frauen wünschten sich eine Fortsetzung und Vertiefung dieser für die Frauenchöre wichtigen neuen Literatur.
hallelujah by heart
Als besonderer Gast stellte sich Jalda Rebling vor, jüdische Kantorin aus Berlin, die die Tradition der jüdischen Psalmodie mitbrachte und mit viel Freude singen ließ – die von ihr eingeübte Halleluja-Melodie im jüdischen Psalmsingen war eine sehr eindrückliche Bestätigung unserer jüdisch-christlichen Gemeinsamkeit – als interreligiöse Begegnung war die Tradition der mündlich überlieferten Psalm-Melodien ein wunderbar inspirierendes Erlebnis. Plötzlich singen alle auswendig „by heart“ und sehen sich dabei an …. Im Konzert am Vorabend in der Ev. Marienkirche in Büdingen mit Jalda Rebling und Voces Feminarum, dem neu gegründeten Frauenchor der EKHN (Ltg. B. Strübel), war diese Inspiration ebenso zu spüren gewesen. (Konzerte am 19.6. in Bad Homburg, 20.6.2014 in Büdingen). Im Workshop erzählte sie weiter zur jüdisch-christlichen Tradition der Psalmen – Jalda Riebling sieht ich in der Tradition der jüdischen Wanderprediger.
Im fließenden Licht der Gottheit
Kantorin Bettina Strübel gab in der ältesten Kirche der Stadt, der Remigiuskirche, einen Workshop zur Musik in mittelalterlichen Frauenklöstern und zu den Liedern der Beginen, die eine weiblich geprägte Frömmigkeit, verbunden mit einer gesunden Bodenständigkeit und Freude am Leben spüren ließen. Christus, der Wein und die Rosen der Liebe – in einem Lied der Anna von Köln verbinden sich diese Bilder mit einem schunkelnden Dreier-Rhythmus – ein schönes Beispiel für das Gleichgewicht von Lebensfreude und einer persönlichen, innigen Beziehung zu Gott. In einem Lied der Begine Mechthild von Magdeburg wird Gott als Licht besungen. Das „fließende Licht der Gottheit“ bedarf der persönlichen Begegnung und Entdeckung. Es geht um die Geburt des „wahren Ichs“ durch Meditation und Hingebung. Das „Ich“ dagegen ist selbstbezogen und egoistisch.
Die Lieder der spätmittelalterlichen Frömmigkeit, die im Umfeld der Beginenbewegung und der „devotio moderna“ entstanden, bringen die innere Bewegung und Gottesbeziehung des Menschen zum Ausdruck. Die Lieder sind weitgehend unbekannt, und so bot der Workshop mit Bettina Strübel eine seltene Möglichkeit, diese ganz eigene Welt zu entdecken.
Herrnhuter Kantaten für Frauenstimmen
Kantorin Barbara Müller vertiefte das Singen in ihrem Workshop mit kleinen Kantaten von Komponisten der Herrnhuter Brüdergemeine, einer Strömung des Pietismus, die aufgrund des Toleranzediktes in Büdingen im 18. Jh. eine Heimat finden konnten. Eine erfrischende Inspiration und Entdeckung für viele Frauenchöre! Ein kleines Ensemble aus Büdinger MusikerInnen unterstützte Barbara Müller dabei, die kurzen und schönen Kantaten einzustudieren und aufzuführen. Die einfache Melodik und Knappheit der Stücke erlauben eine Aufführung auch bei vielen Frauenchören, die zu Gast waren.
Tanz und Bewegung mit Psalmen
Die Tanztherapeutin und Pfrin. Monika Kreutz vermittelte den Frauen Bewegungen zu Psalmen – im weiten Raum der Kirche konnten sich die Teilnehmerinnen voll entfalten. Sie stellte im Abschlussgottesdienst Psalm 150 dann selbst mit tänzerischen Mitteln dar.
Stimmbildung in vielen Variationen
Anti-Aging für die Stimme: Ihr patentiertes Programm zur Stimmerhaltung stellte Prof. Elisabeth Bengtson-Opitz aus Hamburg vor, mit vielen Übungen für eine durchtrainierte Stimme im Körper, mit humorvoller Darstellung der körperlichen Grundlagen, im mittelalterlichen „Sälchen“ der Musikschule Büdingen im historischen Oberhof in der Altstadt Büdingen. Im Plenum studierte sie zum Einsingen auch noch ein schwedisches Friedenslied ein.
Weitere Stimmbildungsworkshops von Katharina Padrok (Frankfurt/Büdingen), Ute von Genat (Wiesbaden) und Beela Müller (München/Salzburg) gaben den Teilnehmerinnen verschiedenste Ansätze zum Weiterlernen. Beela Müller unterrichtete nach dem Prinzip der Atemtypen (Hagena).
Klösterliche Traditionen
Zum Mittagsgebet, das gemäß der klösterlichen Tradition der Tagzeiten gesungen wurde, fanden sich alle Frauen wieder in der Kirche ein. Ein kurze Unterbrechung des Tages, Pause zum Atemholen.
Im Kulturzentrum Oberhof gab es anschließend vegetarisches Mittagessen, das wegen des wunderbaren Wetters auch viel im Freien genossen wurde. Wer wollte, konnte sich danach einer Stadtführung anschließen oder auch Büdingen individuell bei einem Spaziergang erkunden.
und wieder ein paar Stücke gefunden…
Der Info-Stand des Chorverbandes und der Ev. Frauen in Hessen und Nassau e.V. zeigte Literatur und Noten, Begleitmaterial zum Weiterstudieren und Aufführen. Dieses Angebot wurde rege genutzt, zusammen mit Diskussionen, Austausch zwischen Chorleiterinnen und Notenanfragen und Noteninfos. Und wieder ein paar neue Stücke gefunden für den eigenen Chor….
Die Workshops wurden am Nachmittag mit anderen Teilnehmerinnen wiederholt, sodass frau an verschiedenen Möglichkeiten teilnehmen konnte, Kaffeetrinken im Oberhof, gemeinsames Singen Teil 2 beschlossen den Singtag. Dank ging an alle Büdinger Sängerinnen und MithelferInnen beim Aufbau, Kuchenproduzentinnen, Helferteams, an die Workshopleiterinnen mit einer Büdinger Sandrose.
Musikalische Vesper
Eine öffentliche musikalische Vesper bildete den spirituellen Höhepunkt des Tages und stand ganz im Geiste der Begegnung von neuen Liedern, alten Traditionen, Religionen und Konfessionen. Das Lied der Miriam am Schilfmeer beim Auszug aus der Gefangenschaft in Ägypten als Kehrvers für das Lied der Maria (Magnificat) – Frauengestalten im Wandel, weibliche Formen der Gottesbeziehung, gemeinsame Bilder über die Religionen hinweg. Ein buntes und bewegendes Miteinander, das gemeinsame Singen, Feiern, Lernen und Beten als Kraftquelle für alle Frauen, die bei diesem wunderbaren Tag dabei waren.
Ursula Reichert